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Fahrradpendlerregion Halle–Saalekreis

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Das Land Sachsen-Anhalt soll auch Fahrradpendlerland werden, das hat jedenfalls das Ministerium für Verkehr des Landes mit dem neuen Landesradverkehrsplan (LRVP) vom 09.02.2021 angekündigt.

Im LRVP wird deshalb eine Entfernung von bis zu 15 km zum Potential für das Pendeln mit dem Fahrrad oder Pedelec eingeschätzt. Auf diese Entfernung soll deshalb das neue Landesradverkehrsnetz ausgelegt werden.

Von diesem Netz ist aber in der Verbindung vom Oberzentrum Halle in das Umland bisher wenig zu sehen. Die bisherigen Aktivitäten des Landes bzw. der Landesstraßenbaubehörde (LSBB) bzw. DEGES werden diesem Ziel nicht annähernd gerecht. Ca. 14,5 Mio. Euro hat bzw. will das Land insgesamt in den Jahren 2017 bis heute für Radwegen an Landesstraßen ausgegeben, davon 175 Tsd. Euro für 1.054 m Radwege an Landesstraßen im Saalekreis, siehe hier

Immer noch wird bei Straßen gerne großzügig investiert und bei Radwegen gerne gespart:

  • Entlang der L 141 plant der LSBB einen Radweg, der auf halber Strecke nach Oppin vor der Autobahnanschlussstelle enden soll.
  • Zwischen Dölau und Salzmünde auf der L 159 soll der auf halber Strecke ausgebaute Radweg auf der Höhe der Ausfahrt Schiepzig enden und der Radverkehr soll umwegig und im Mischverkehr über Schiepzig nach Salzmünde geführt werden. An der neuen Umgehungsstraße Salzmünde soll der Radweg gleich ganz eingespart werden.
  • Über die B 80 wird für 11 Mio. Euro eine Brücke gebaut, die geringe Zeitgewinne für den Kfz Verkehr erbringt. Radfahren ist auf der B 80 verboten, ein Radweg existiert nicht, eine Planung bis heute auch nicht, obwohl der Radweg laut Landesradwege-bedarfsplan aus dem Jahr 2014 die Priorität Nr. 2 besitzt.
  • Zwischen Döllnitz und Dieskau wurde 2019 ein schöner Radweg ausgebaut. Der Radweg entlang der L 170 endet aber am Knoten L 170/ Regensburger Straße. Um den Radweg nach Dieskau zu erreichen müssen Radfahrer aus Richtung Lochau umwegig, d. h. 1,3 km statt 850 m durch den Ort im Mischverkehr zur Einfahrt auf den Radweg fahren. Ab Dieskau ist dann Schluss. Von Dieskau aus existiert keine Verbindung nach Halle.

Es existiert an keiner Ausfallstraße, bis auf die B 91 nach Merseburg, eine geschlossene Verbindung in den 15 km Umkreis von Halle. Auch der Radweg an der B 91 entspricht nicht den Mindestanforderungen der StVO bzw. ERA 2010, d. h. er erreicht nicht die Mindestbreite von 2,50 m.

Auch an den Bundesstraßen im Saalekreis hat sich nicht viel getan, obwohl weder an der B 6 nach Leipzig, eine Straße die immerhin ca. 1 Mio. Einwohner verbindet, noch an der besagten B 80 Richtung Eisleben oder der B 100 Rcht. Bitterfeld Radwege existieren. Alle drei Straßen sind aber auch nach dem lückenhaften Landesradwege-bedarfsplan wichtige Fahrradverbindungen. Die neue Radfahrerbrücke an der B 181 in Merseburg ist zu schmal und verstößt ebenfalls gegen die VV-StVO bzw. ERA 2010.

Auch an der L 50 Rcht. Morl, der L 145 Rcht. Petersberg, L 165 Rcht. Queis, der L 167, der L 170 Rcht. Ermlitz, der L163 und L 171 Rcht. Schkopau, der L 164 Rcht. Teutschenthal und der besagten L 141 Rcht. Oppin und L 159 Rcht. Salzmünde sind keine oder nur rudimentäre, nicht durchgängige Radverkehrsanlagen vorzufinden.

Der Nachholbedarf ist riesig. Wer die Verkehrswende befördern will, muss hier zügig Radwege schaffen. In dem dichten Verkehr um Halle ist Radfahren auf der Fahrbahn keine Option und das Pendeln mit Fahrrad oder Pedelec nur etwas für Hartgesottene.

Wegen dem Autobahnanschluss A 143 brauchen Radfahrende dringend eine direkte und separierte Radverkehrsanlage zwischen Salzmünde und Dölau und zwischen Salzmünde und Bennstedt und nicht nur zwischen Salzmünde und Benkendorf. Bei 350 Mio. geschätztes Investitionsvolumen für die A 143 sollte auch Geld für Radwege vorhanden sein. Die Stadt Halle ist dann zuständig für die Anbindung von Dölau nach Halle, aber versäumt dies seit Jahrzehnten.

Der Radweg entlang der L 141 muss im ersten Bauabschnitt mindestens bis Oppin ausgebaut werden.

Es braucht endlich durchgehende und direkte Radwegenetze, erst dann wird das Umland von Halle interessant für das Pendeln mit dem Fahrrad. Die dürfen auch nicht wie in Sennewitz, an den Ortsgrenzen enden. Dazu braucht es auch, wie in anderen Bundesländern, eine eigene Radverkehrsplanung im LSBB. Die Vorplanung für den Radweg an der L 141 ist schon 2013 erfolgt! Insgesamt müssen endlich neue bei Prioritäten bei Personal und Imvestitionen gesetzt werden.

Das gilt auch für die Stadt Halle. Sie muss an ihren Ausfallstraßen eine attraktive Radverkehrsinfrastruktur errichten, damit Radwege nicht an den Stadttoren enden. Es bestehen erhebliche Lücken, nicht nur nach Dölau und an der L 171. Dort wurden schon finanzierte Vorhaben wegen fehlender Planungen zurückgezogen.

Soweit in den Ortsdurchfahrten kein Platz für separierte Radwege besteht, muss, wie in der Ortsdurchfahrt Osendorf an der L 170 beispielhaft praktiziert, konsequent Tempo 30 angeordnet werden.

Der LRVP stellt auch fest, dass der Anteil von Kindern die mit dem Fahrrad zur Schule kommen immer mehr schrumpft. Keiner kann aber erwarten, dass Eltern ihre Kinder z. B. im Mischverkehr bei 17 Tsd. Kfz täglich auf der K 171 in den Ortslagen Holleben und Angersdorf bei Tempo 50 mit dem Fahrrad auf den Weg in die Schule schicken. Schmale und gefährliche an Ein- Ausfahrten vorbeigeführte Fußwege für den Radverkehr freigzugeben ist keine Lösung.

Die Zeit der vielen Ankündigungen und unverbindlichen schönen Ziele ist vorbei, die zukünftige Landesregierung muss sich endlich den Realitäten stellen und die werden durch das Pariser Klimaschutzabkommen und die sektorbezogenen CO2 Einsparziele der Bundesregierung für die Mobilität, d. h. die Einsparung von 42% CO2 im Verkehr bis 2030, definiert.

Auch im Klimaschutzkonzept der Landesregierung steht als Ziel "Veränderung des Modal Splits" durch "weniger Nutzung der Pkw" und "vermehrte Nutzung von Fahrrad und ÖPNV". Ohne Vorfahrt für den Umweltverbund bei den Investitionen und im Verkehrs-recht bleibt dies aber eine Illusion.

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