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Stellungnahme des ADFC zur geplanten Stärkung des Radverkehrs in Halle

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Der Oberbürgermeister der Stadt Halle hat sich für die Umsetzung der Forderungen der Fridays for Future ausgesprochen.  Teil der Forderungen ist der Umstieg auf emissionsarme Verkehrsmittel (Umweltverbund = Zusammenspiel aus Fußverkehr, Radverkehr, ÖPNV und Carsharing), inklusive einer autofreien Innenstadt. Diese Forderung begrüßen wir als Regionalverband Halle des ADFC ausdrücklich.

Der ADFC-Fahrradklimatest bestätigt die großen Probleme im halleschen Verkehrsnetz, Halle hat den drittletzten Platz (23 von 25) belegt. Eins der großen Probleme ist der Fahrraddiebstahl, ein anderes die Unfallgefahr.

Für die wirksame Förderung des Radverkehrs ist in der Verwaltung ein Umdenken nötig.  Das betrifft ein breites Spektrum von Maßnahmen. Darunter sind kurzfristige, wie die schnelle Entschärfung lebensgefährlicher Kreuzungen oder die Aufstellung sicherer Bikeboxen, die Einrichtung von vorgezogenen Aufstellflächen an Ampeln und die Umstellungen von Fahrspuren oder die konsequente Behebung von Verkehrsgefährdungen durch Falschparker. Darunter sind auch langfristige, wie der geplante Radschnellweg Halle-Leipzig und seine gute Einbindung ins hallesche Radverkehrsnetz.  Einige Straßensanierungen entsprechen bereits den Anforderungen (Böllberger Weg, Gimritzer Damm), aber besonders in der viel befahrenen Innenstadt entsprechen Radverkehrsanlagen nicht den Anforderungen für hohes Radverkehrsaufkommen. Die Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs wird noch den Interessen des ruhenden Verkehrs (Parkplätze) nachgeordnet, und auch in der Innenstadt wird der Motorisierte Individualverkehr noch deutlich bevorzugt.

Der ADFC bietet der Stadtverwaltung und dem Oberbürgermeister eine konstruktive Zusammenarbeit an, um mit den neuen Zielen einen ambitionierten Maßnahmenkatalog zu erarbeiten und die angestrebte deutliche Erhöhung des Radanteils am Modal Split wirklich zu erreichen. Dazu muss auch die Umsetzung der vom Stadtrat beschlossenen Aufstockung der Planungskapazitäten für den Radverkehr zügig erfolgen.  Schwerpunkte des Maßnahmenkatalogs sind natürlich die Erhöhung der Sicherheit (Verhinderung schwerer und tödlicher Unfälle), die Ausarbeitung und Realisierung von attraktiven, sicheren und leistungsfähigen Hauptrouten durch die Stadt und die Errichtung sicherer, geschützter Abstellmöglichkeiten, besonders an Vernetzungspunkten mit anderen Verkehrsmitteln (S-Bahn-Stationen).

Auch die Zusammenarbeit am Runden Tisch Radverkehr muss darauf ausgerichtet werden, ein sicheres und attraktives Verbindungsnetz aufzubauen.  Nur mit Mut und Entschlossenheit kann es gelingen, die nötige Verkehrswende einzuleiten.

Konkrete Beispiele an Forderungen sind im Folgenden aufgeführt.

Sicherheit

Unfallkommission​: Verkehrstote und Opfer schwerer Unfälle im Stadtverkehr sind fast ausschließlich Radfahrer:innen und Fußgänger:innen, aber die Vertretung des Radverkehrs wird konsequent von der Unfallkommission ausgeschlossen. Wir fordern gleichwertiges Stimmrecht (wie der ADAC). Sicherheit ist zentrale Forderung der StVO. In den letzten zwei Jahren gab es vier Radverkehrstote, das sind vier zu viel.

Vorrang:​ Die Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs haben Vorrang. In Halle wird der ruhende Verkehr zu oft höher gewichtet. Forderung: Parkplätze dürfen nicht mehr wichtiger sein als der fließende Verkehr (Geiststraße, Joliot-Curie-Platz,...)

Schutzstreifen​: Radschutzstreifen führen erwiesenermaßen zu geringerem Überholabstand und höherer Gefährdung des Radverkehrs. In Halle muss die Zahl der Radschutzstreifen zugunsten sicherer Varianten reduziert werden, besonders im Innenstadtbereich.

StVO-Novelle​: Der ADFC fordert die zügige Umsetzung der neuen Möglichkeiten nach deren Verabschiedung (erwartet im Februar), städtische Aufklärungsarbeiten (Überholabstand, neue Regeln zum Parken/Halten, Sicherheitsabstand zu parkenden Autos), Aufstellung der neuen Überholverbotsschilder, Anpassung der Verkehrsplanung auf den Überholabstand 1,50m (auch bei Schutzstreifen!).

Fahrradstreife Ordnungsamt​: Diese wird ausdrücklich begrüßt, ist eine sinnvolle Maßnahme, sollte gern ergänzt werden durch eine reaktivierte Polizeistaffel (für die Kontrolle des fließenden Verkehrs)

Durchsetzung StVO: ​zu viele Verstöße aller Verkehrarten gegen die StVO erhöhen die Gefahren im Straßenverkehr, diese müssen viel besser kontrolliert und sanktioniert werden.  Insbesondere die Smartphone-Nutzung am Steuer muss kontrolliert werden.

Radverkehrskonzeption

Wiederherstellung​: Die Wiederherstellung der Radwege bei Sanierungen muss zukunftssicher passieren, nicht auf die Mindestbreite des Minimalbedarfs ausgelegt, sondern auf den gewünschten Anstieg des Radverkehrs. 2 Meter Breite ist die Regel-Radwegebreite laut ERA 2010.

Hauptnetz: ​Analyse und Behebung wichtiger Schwachpunkte und Nadelöhre - In der Innenstadt sind die ausgewiesenen Hauptrouten gar nicht leistungsfähig, beispielsweise die Verbindung Franckestraße - Leipziger Turm, Geiststraße, Kleine Ulrichstraße; Hauptbahnhof; Glauchaer Platz; Rennbahnkreuz;

Böllberger Weg​: Seit der Sanierung ist er eine positive Erweiterung der Nord-Süd-Achse, aber die Anbindung ab Torstraße ins Zentrum fehlt.

Verbindung​ von Standorten “Wissenschaft und Technik”: Im Nordwesten der Weinbergcampus und das Uni-Klinikum ist in Richtung Hauptbahnhof und Merseburg unzureichend angebunden

Sammlung und Umsetzung ​kostengünstiger, schnell realisierbarer Maßnahmen (Vorgezogene Aufstellflächen, Spurumwidmung, Tempo 30, Öffnung Einbahnstraßen, Verkehrsberuhigung in Wohngebieten durch modale Filter)

Radverkehrsbeauftrager​: Die Erhöhung auf eine volle Stelle ist vom Stadtrat beschlossen, wird aber nicht besetzt - Beantragung von zusätzlichen Fördermitteln ist am Personal-Limit, für fertig umgesetzte Maßnahmen fehlt Werbung, Planungskapazitäten fehlen (Vorplanungen zum Radschnellweg dauerten lange)

Fördermittel​: Konsequentere Beantragung von Fördermitteln, zB neue Bundesmittel aus dem BMVI

Hotspots im Zentrum​: Radverkehrsförderung sollte nicht an beliebigen Stellen stattfinden, sondern im stark benutzten Hauptnetz, besonders in der Innenstadt. Wichtige Teile des Radnetzes liegen auf dem Straßenbahnnetz und bremsen sich gegenseitig aus - falls die HAVAG den Straßenbahn-Takt erhöht, wird das Problem noch größer

Stellplätze Riebeckplatz​: 400 neue Stellplätze sind zu wenig

Förderung des Radverkehrs

Radverleihsystem​: Radverleihsysteme sind ein wirksamer und kostengünstiger Teil des ÖPNV, in vielen Städten bewirkt ein Modell mit einer halben Stunde kostenfreier Nutzung deutliche Stärkung des Radverkehrs

Öffentlichkeitsarbeit​: Projekte werden fertiggestellt, aber nicht beworben - damit werden neue Strecken weniger als möglich genutzt

Beschilderung: ​Eine Ausschilderung der Hauptrouten und ausgewählter Ziele verbessert den Radverkehr

Diebstahl

Diebstahl ist eins der Hauptprobleme in Halle, die Aufklärungsquote ist sehr gering. Nach mehrfachem Fahrraddiebstahl geben viele Menschen das Radfahren auf. Wirksame Gegenmaßnahmen sind sichere Fahrradboxen, Parkhäuser, die bessere Verfolgung von Diebstählen - Magdeburg hat erfolgreich eine Kommission gegen Fahrraddiebstahl eingerichtet.

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